Nippon Navigator #1: Entschuldigungen im Japanischen Geschäftsleben & aktuelle Beispiele

3 min Lesezeit


Entschuldigungen mit einem Twist: Japanische Geschäftsethik enthüllt!


Komm mit uns in die neueste Episode des Nippon Navigator Podcasts und entdecke die faszinierende Welt der Entschuldigungen im japanischen Geschäftsumfeld. Diese Folge ist ein absolutes Muss für Unternehmer und Führungskräfte, und hier ist, was Dich erwartet:

- Japan legt einen riesigen Wert auf Kundenbindung und die langfristige Perspektive. Entschuldigungen sind der Schlüssel dazu.

- Gregory Glanzmann und Dr. Maximilian Böger enthüllen die Geheimnisse der transparenten und offenen Kommunikation von Entschuldigungen, die das Vertrauen in Unternehmen stärken.
- Erfahre, wie Geschäftsmodelle und Wertversprechen die Kundenbindung und den langfristigen Erfolg beeinflussen können.

Das ist noch nicht alles!
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Verpasse diese Episode des Nippon Navigators Podcasts nicht. Höre jetzt rein und tauche ein in die Geheimnisse des japanischen Geschäftserfolgs!

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Transkript

Willkommen zum Nippon Navigator mit Gregory Glanzmann und Maximilian Böger – ein europäischer Blick auf Japans Geschäftswelt. Ja, herzlich willkommen zur ersten Folge Nippon Navigator. Heute haben wir ein relativ spannendes Thema mitgebracht, nämlich das Thema Entschuldigung im japanischen Geschäftskontext, was wir in Europa davon lernen können und was das auch für Auswirkungen auf Geschäftsmodelle, auf Kundenzufriedenheit und vielleicht auch auf Shitstorms hat. So stelle ich es mir zumindest vor, Gregory.

Ja, da ist ja doch einiges passiert in diesem Kontext im Januar und um Weihnachten herum, und was das Ganze mit Erdbeertorte zu tun hat, dem wollen wir auch noch auf den Grund gehen. Ich bin gespannt, Gregory, was hast du uns mitgebracht?

Ja, hallo, und ich freue mich auch jetzt auf unsere erste richtige volle Ausgabe. Genau, Entschuldigungen sind ein wichtiges Thema in Japan, auf jeden Fall, und fangen wir doch gleich mit der Erdbeertorte an, weil das war so gerade um Weihnachten herum. Weihnachten wird hier ja auch gefeiert – Überraschung, großes weltweites Fest – und in Familien oder auch als Fest der Liebe, als Date Night, und man hat halt mal einen Weihnachtskuchen, wenn man sich nach Hause bestellt. Das hat auch Tradition, und die edlen Warenhäuser bieten das auch an, ja, mit Home Delivery, schön gekühlt, alles. Takashima, eine dieser Warenhäuser, hatte ein gewisses Logistikproblem letzte Weihnachten. Also, diese ganzen bestellten Weihnachtserdbeerkuchen, ich glaube, ungefähr ein Fünftel von ihren Bestellungen, kam einfach total zerdatscht an bei den Kunden. Ja, und natürlich disaster, sowohl für den, der die Torte essen will, aber natürlich eben auch für die Department-Kette, die natürlich da auch von ihrem guten Ruf lebt.

Ja, und klar, erstes Thema. Wie hat diese Department-Kette dann reagiert? Das ist so gleich meine erste Frage.

Ja, natürlich gab's eine Entschuldigung. Also wurde sofort natürlich kommuniziert und auch gleich Aufklärung gelobt, und das hat sich dann innerhalb von weniger Tagen wurde eine Untersuchung angestellt, und die sämtliche Logistikkette quasi abgeprüft. Es wurde auch versucht, also von 2900 Erdbeerkuchen waren 807 waren zerdatscht, und es musste dann festgestellt werden, dass man die Ursache nicht rekonstruieren konnte. Man wirklich versucht, wieder diese gleichen Kuchen herzustellen, dass sie eben auch wieder kaputt ankommen, um halt die Verbesserung an der am System hinzukriegen. Aber auch das wurde dann, ich glaube, am 27. Dezember, also nach 4 Tagen, schon war diese Untersuchung dann abgeschlossen. Und alle, also die Kunden natürlich direkt informiert, aber eben auch das Ganze auch öffentlichkeitsgerecht immer kommuniziert.

Ja, da sagt noch einer, deutsche oder Schweizer Genauigkeit, 807 Torten, und das ziemlich transparent kommuniziert. Aber warum wird in Japan so vorgegangen, und was ist dein Blick darauf? Du hast ja doch auch in Europa gelebt. In Japan bist du geboren. Was ist der Unterschied zwischen dieser Entschuldigungskultur in Japan? Das ist so ein bisschen meine Frage. Und wie transparent ist auch diese Kommunikation im Gegensatz zu Europa? Ab Schulalter ist es ein Element des Sich-Überlegens, was die eigenen Handlungen für das Gegenüber bedeuten, für die gemeinsame Harmonie der Gesellschaft, die zusammenleben muss, dass man halt keine unzumutbaren Dinge macht. Und ja, also es gibt ja auch in der Schule, wenn man sich nicht gut benimmt, dann schreibt man ein Hans, also Hans bedeutet so wie eine Art Reflexion über das eigene Verhalten. Und ich sehe diese auch diese öffentlichen Entschuldigungen, die natürlich auch in ihrer Tiefe variieren. Da werden wir auch gleich noch sehen, dass das eine Art dieser Weiterführung ist auf eine Business-Ebene, wo natürlich für den Kunden schlussendlich man keine Umstände generieren will oder keine schlechten Gefühle. Also ich glaube, so das ein bisschen abgedroschen, in Japan ist der Kunde nicht König, sondern, ja, wir können sogar noch eine Stufe höher gehen, Kaiser.

Aber das würde ja auch sehr gut passen. Jetzt, eine andere kleine Frage noch: Ist es dann mit der Kommunikation abgetan gewesen bei den Erdbeertorten, oder gab's darüber hinaus noch was? Wurde Besserung gelobt? Gibt's nächstes Jahr die Erdbeertorten für die 807 Personen umsonst?

Ja, selbstverständlich, also die natürlich, gibt's Refunds wurden den Kunden direkt angeboten. Es wurde auch die Logistikkette offengelegt, dass das Warenhaus ein französisches Restaurant beauftragt für diese Kuchen, und diese Kuchen wurden dann wieder einem Subunternehmer vergeben. Also, die sind alle auch durch die Presse gegangen, diese Namen. Aber es wurde auch kommuniziert, dass dieser Anbieter weiter genutzt wird, also das nächste Jahr werden die wieder von diesem Anbieter dann gemacht. Ich weiß nicht genau, ob das dann der gleiche Subunternehmer schlussendlich wird. Aber da hat man, also ich denke, durch eine klare Kommunikation und eben auch ein, die machen das glaube ich schon das fünfte Jahr jetzt, die, also dieser Subunternehmer, hat man da einfach dieses, sagt man, "Hey, vertraut uns. Wir haben versucht aufzuklären. Wir können jetzt diesmal noch nicht genau sagen, was es war, aber..." Und das ist jetzt eine Erdbeertorte, aber für dieses Warenhaus ist jeder einzelne Kundenkontakt natürlich genauso wichtig, weil ob man sich jetzt die teure Tasche kauft oder diese Erdbeertorte. Am Schluss saß da eine Familie, vielleicht sogar mit Gästen, und konnte halt dann diese Torte nicht gebührend präsentieren, und das ist für diesen Anspruch als Warenhaus natürlich wichtig, wie man damit umgeht.

Ja, sieht so aus, als ob man da wieder mit den gleichen Partnern arbeiten möchte. Ja, sehr schön, ne? Wenn man das so vergleicht, was gerade in Deutschland natürlich auch los ist mit Bahnstreik etc., alles, was da drum herum ist, und der Reisende sich selber kümmern kann um sich, dann finde ich, dass natürlich die Erdbeertorte genauso viel Wert ist wie die Tasche. Das finde ich sehr schön. Und ob der Nahverkehr nicht genauso viel Wert ist wie der Fernverkehr, da könnten sich glaube ich einige europäische und vielleicht auch jetzt gerade spezifisch deutsche Firmen einiges abschneiden. Aber da sind wir auch schon so ein bisschen beim Thema Mobilität und gehen mal von der Erdbeertorte zum anderen großen Event, sagen wir mal Unglücksevent, was vorgefallen ist, und die News sind um die Welt gegangen, der sogenannte Flugzeugunfall der Japan Airlines, ja, JAL, am Flughafen Haneda mit der japanischen Küstenwache. Ja, und auch da haben wir irgendwie Entschuldigung gesehen, aber vielleicht kannst du ja noch mal ausführen, was ganz genau passiert ist, und wie es aus deiner Perspektive war.

Sehr gerne. Also, die Japan Airlines, JAL, spricht man aus, die hatten ja, also es gibt ja, ehrlich, das Jahr hat ja ziemlich dramatisch begonnen in Japan. Das müssen wir vielleicht noch mal kurz einen Schritt zurückmachen. Am 1. Januar war ja das große Erdbeben, das war ein, das sind über 200 Menschen mittlerweile ums Leben gekommen, wo die ganze Küste, und ich war ja hier in, ich war in Sapporo bei der Familie, und es war wirklich ein landesweiter Ausnahmezustand. Ja, also ständige Emergency-Warnungen, es gab immer wieder Erschütterungen, und das ist erstmal etwas, wo, denke auch unsere Gedanken bei den Betroffenen sind, und da ist das ist noch lange nicht ausgestanden.

Ja, als das ist mal das eine, das war für das ganze Land erstmal ein Schock. Ja, die, das ist ja eine der wichtigen Feiertage, ist das, das ganze Jahresende, Jahresanfang, eine der wenigen Zeiten, wo ich alle gleichzeitig auch Freitage haben, waren viele zu Hause, und das ist mal, ja, ein sehr unglückliches Event gewesen. Und in der Folge dazu, gleich am nächsten Tag gab's dann eben diese Kollision in Haneda am Flughafen, dieses JF mit der, mit dem Coast Guard-Flugzeug, und, ja, also das, sehr ein eigenartiger Start ins Jahr. Und glücklicherweise konnten ja alle Passagiere gerettet, evakuiert werden von dem Passagierflugzeug, leider vom Coast Guard-Flugzeug nicht. Aber genau, das war auf jeden Fall ein dramatischer Start ins Jahr.

Genau, aber natürlich, wenn wir uns jetzt mal das anschauen, aus dem ganzen Thema raus, der Entschuldigung, dann kann man auch da sehen, wie, und vielleicht ist es auch eine Gelegenheit, sich zu überlegen: "Okay, wie hätten europäische Airlines reagiert?" Weiß nicht, ob das dann ein Schritt so weit ist, aber genau. Ja, der erste Post von JAL, da war natürlich, also war am gleichen Tag, kurz danach, da war noch keinerlei Möglichkeit, das wirklich in der Tiefe zu analysieren oder eine Untersuchung anzustellen. Die Erdbeertorte hat ja auch ein paar Tage gedauert, und natürlich, bei der Kollision wird das auch noch viel länger dauern als jetzt bei der Torte. Also dadurch, dass JAL beteiligt ist an einem Thema, ja, wo natürlich dann ganz viele Flüge gecancelt wurden und so weiter, haben sie sich halt für die Umstände entschuldigt, dass Unannehmlichkeiten für die Kunden entstanden sind. Und das hat jetzt mit einer Schuldbekenntnis auch nichts zu tun, hat sich auch herausgestellt, lag nicht daran, sondern das war ja eher ein Thema der Kommunikation mit dem Flugtower und ein Missverständnis, was genau gesagt wurde, zumindest zu dem Zeitpunkt und mit dem Wissen, was ich habe. Genau, aber das war halt einfach Schritt Nummer eins, also nicht eine trockene PR-Information, dass es was gab, sondern gleich mit dem Thema Entschuldigung: "Wir checken die Umstände." Oder ja, genau. Ja, ja, das ist, das ist glaube ich, besonders spannend, oder? Also das ist jetzt nicht so irgendwie Post nur gab oder eine Kommunikation nach außen: "Ja, es gab dieses Unglück und wir versuchen aktuell, die Lage zu sichern," sondern es war direkt eine Entschuldigung, und dann auch in weiterer Folge, was natürlich besonders spannend ist, alle, die mit diesem Flugzeugunglück irgendwie in Berührung gekommen sind, sei es Flugverspätung, sei es irgendwie Reiseeinschränkung, haben ja auch direkt, glaube ich, bis 31. März, haben die diesen Refund angeboten bekommen, dass sie, dass sie halt ja gar nicht davon betroffen sein können und vielleicht auch natürlich mit den Betroffenen mitfühlen können. Ja, also das finde ich ja auch sehr besonders, also da ist kein Groll, der da entsteht, weil ich irgendwie wirtschaftlich beeinträchtigt bin, sondern ich kann wirklich mitfühlen, weil ich habe eigentlich keinen wirtschaftlichen Schaden, außer natürlich, vielleicht in Folge, dass ich Termine nicht wahrnehmen kann. Das finde ich auch sehr, sehr besonders und spannend, wie schnell da vorgegangen wird. Ja, ich glaube, es hat eine langfristige Perspektive, die immer mit drin ist, ja, ob das jetzt Business sei, ob das die Beziehung mit dem Kunden oder mit anderen Menschen ist. Es ist eine langfristige Perspektive, und man versetzt sich halt in die Schuhe des anderen, und eben, also soll keinerlei Zumutung an die Kunden passieren.

Natürlich, jetzt mit dem Thema Rückerstattung, die, was du erwähnt hast, jetzt durch Corona gibt's natürlich da wahrscheinlich auch schon viel besser etablierte Prozesse für solche Themen, die jetzt hier natürlich auch gegriffen haben. Ja, und ich bin ja dann auch drei Tage später da gelandet. Das gibt natürlich schon auch zu denken. Also, kann ich mir schon vorstellen, dass auch ein paar Kunden gesagt haben: "Ich fliege dann ein bisschen später zurück." Persönliche Note irgendwie, das war schon krasses Umfeld, was wir da erlebt haben. Wir haben ja auch geschrieben, erstmal nach dem Erdbeben, dann habe ich noch geschrieben: "Hey, ich hoffe, du bist jetzt nicht aus Sapporo gerade in Tokyo gelandet und geht's dir gut?" Gott sei Dank war das natürlich nicht so.

Was ich ganz spannend finden würde, auch aus unternehmerischer Perspektive, weil ich glaube, wir können dadurch unheimlich viel lernen aus dieser langfristigen Perspektive, auch wie wir auf Geschäft schauen, wie wir verzeihen, vielleicht auch mal, wenn Termine abgesagt werden, wenn irgendwie was Dringliches unterwegs ist, und so weiter, und wie wir vielleicht auch uns wieder ein bisschen besinnen, den Kunden in den Mittelpunkt zu stellen als Unternehmer. Aber was würdest du sagen, direkter Vergleich Europa-Japan oder DACH-Region-Japan, ist die Kundenbindung in Japan stärker? Also, geben die Leute jetzt der Erdbeertorte und der JAL, also der Fluggesellschaft, wieder diese Chance? Ja, also nehmen sie das zur Kenntnis und sagen: "Sie auch ja, also es war alles richtig, und das ist meine Airline oder das ist mein Kaufhaus, und nächstes Jahr bestelle ich wieder die Erdbeertorte."

Also, ich glaube, dadurch, dass sich die Unternehmen richtig verhalten haben in der Kommunikation, dass sie tatsächlich eine Aufarbeitung kurzfristig eingeleitet haben, natürlich haben sie auch langfristigen Ruf, und sie haben bewiesen, dass sie dem auch gerecht werden können. Natürlich hat sich JAL in dem Beispiel auch ansonsten exemplarisch verhalten. Also, da war ja auch die Evakuation des Flugzeugs extrem effizient. Ist abgelaufen, also innerhalb von 18 Minuten waren alle Passagiere draußen, obwohl auch die Kommunikation zwischen den beiden Flugzeugteilen abgerissen ist. Da haben sich auch die Flugbesatzung dann durch ihr rigoroses Training auch sofort richtig zu verhalten gewusst und haben dann den hinteren Teil des Flugzeugs selbstständig evakuiert. Die Kunden haben sich in dem Fall ja auch super verhalten. Also, es gab keine persönlichen Gegenstände, die da mitgebracht haben, die die Evakuation verzögert hätten, also ein gutes Zusammenspiel auch.

Ja, und das hat eben dazu geführt, dass diese Krise gut bestanden werden konnte. Ist vielleicht dann mal ein Thema für ein anderes, für eine andere Episode, ja, das Thema Krisen, Sicherheit, und warum Japan Krisen auch immer so gut meistern kann. Ja, und genau, deswegen, ja, die beiden Firmen haben auf jeden Fall, natürlich ist das natürlich ein riesiges Thema, ne? Also auch natürlich wieder ein Kulturthema, genau. Also, ich glaube, ja, diese beiden Firmen haben sich richtig verhalten, die Kunden schätzen das, und werden auf jeden Fall den beiden Firmen eine Chance geben. Ja, das ist natürlich, das ist natürlich schon Wahnsinn, ne? Weil natürlich wenig böses Blut auch vergossen wird, und wenn man da auch dann natürlich Richtung Umsatz schaut und so weiter, dann kriegt man diese Chance. Ich meine, in Deutschland fährt dann auch jeder Deutsche Bahn, aber es gibt halt keine andere Wahl oder wenige, die es da gibt. Das ist dann natürlich einfach das Marktumfeld.

Aber gerade exemplarisch, die Erdbeertorte finde ich super spannend. Aber gibt's noch weitere Beispiele, wo wir so ein bisschen was lernen können, wo wir auch diese Transparenz lernen können, was Entschuldigungskultur von Unternehmen angeht? Also vielleicht ganz kurz noch zur Deutschen Bahn, also ich meine, natürlich, es gibt ja auch Alternativen, ja, mit dem Flixbus oder halt alternative Mobilitätsoptionen, und ich glaube, die Rückerstattungsprozesse bei der Deutschen Bahn sind ja auch schon besser geworden.

Zumindest bei meinem letzten Erlebnis, in dem ich leider letzte Woche ein schlechtes Erlebnis gemacht habe, stand ich da. Okay, na ja, gut, aber bei dir ist es besser geworden. Es gab einfach einen einfachen Prozess, um die Rückerstattung zu bekommen, weil wir hatten, glaube ich, 6 Stunden Verspätung auf einer Strecke von 4 Stunden, und das ging relativ flott. Habe ich eine richtige Entschuldigung bekommen, oder gab's eine öffentliche Kommunikation? Das sind vielleicht einfach zu viele Incidents sowieso bei der Deutschen Bahn, dass man das jedes Mal machen könnte, aber eben, ist natürlich auch ein anderer Kontext, in dem da agiert wird.

Ja, also das würde in Japan auf jeden Fall nicht funktionieren, wenn damit so umgegangen wird. Ja, ich hatte ein schönes Beispiel mit der Deutschen Bahn. Apropos Entschuldigung, vielleicht ganz spannend zu teilen, wenn man das überträgt. Mein Zug hatte anderthalb Stunden Verspätung, offiziell, und war dann doch nur eine Stunde und 10 Minuten verspätet, und dann hat der Schaffner kurz vor dem Einfahrt im Endbahnhof in München gesagt: "Na ja, jetzt haben wir ja noch 20 Minuten aufgeholt, jetzt waren wir ja fast pünktlich." Von der Entschuldigung war keine Spur. Das war dann eher ein Stolzsein, dass wir noch 20 Minuten aufgeholt haben. So kann man dann halt auch kommunizieren, ist glaube ich genau das Gegenteil. Das ist vielleicht auch der Ansatz, zu sagen, wenn wir sagen, was sind Unterschiede: Die Tendenz zu kommunizieren, was man gut gemacht hat, "Hey, wir waren die Ersten, die das Problem behoben haben", oder erst zu sagen: "Es tut mir leid, dass du Unannehmlichkeiten hattest", weil das ist ja das, was der Kunde erstmal erlebt.

Beim Thema Flixbus ist mir ein Beispiel untergekommen, dass ein älteres Pärchen einen Bus gebucht hatte, und der ist nicht gekommen, der ist ausgefallen. Sie haben das nicht mitbekommen, weil das irgendwie via App kommuniziert worden ist oder via E-Mail, und sie standen einfach mit dem Ticket da an diesem Busbahnhof. Dann ist aber ein anderer Bus gefahren, irgendwie eine halbe Stunde später, und dann hat der Busfahrer gesagt: "Nee, Sie dürfen nicht mitfahren, das Ticket gilt nicht." Flixbus hat es auch in seiner Kommunikation so verkauft, von wegen: "Das Ticket gilt halt nur für diesen Bus. Der ist ausgefallen." Es wurde den Leuten quasi am nächsten Tag um 6 Uhr ein neuer Bus angeboten, weil der andere nicht gegolten hat. Das finde ich auch spannend, würde es wahrscheinlich in Japan so auch nicht geben. Da versucht man dann doch, hilfsbereit zu sein und das vielleicht auch nicht so zu kommunizieren im Nachgang.

Bei Daihatsu, einer Toyota-Tochter, die Autos herstellt, auch Nutzfahrzeuge und kleinere Autos, gibt es in Japan diese Kategorie von Autos mit 600cc, die günstiger sind und eine sehr gute Mobilitätsoption bieten. Daihatsu ist einer der Player in diesem Bereich, aber auch Suzuki, Nissan, und Mitsubishi bieten da was an. Bei Daihatsu wurden Unregelmäßigkeiten im Produktionsprozess festgestellt. In Europa hat man davon kaum etwas gelesen, zumindest nicht in der breiten medialen Öffentlichkeit. Die Auswirkung war, dass alle Auslieferungen von Daihatsu gestoppt wurden, zumindest von den Modellen, die betroffen waren. Toyota hat tatsächlich auch Fahrzeuge, die mit dem Toyota-Brand sind und von Daihatsu produziert wurden, gestoppt. Es wurden in diesen Tests Timer benutzt, also ja, vielleicht ein Schritt zurück. Es werden Zertifikate an die Fahrzeughersteller ausgegeben, um Sicherheitstests selbst durchzuführen. Damit halt nicht die Behörden alles durchführen müssen. Jetzt hat man aber eben festgestellt, dass diese Tests eben nicht richtig durchgeführt wurden. Man erinnert sich an das ganze Dieselthema in Europa, und bei Daihatsu war es eben so, dass man einen Timer eingesetzt hat, um Airbags auszulösen, um sicherlich alle Tests zu bestehen, weil man ja selbst diese Tests durchgeführt hat. Also, manipulierte Sicherheitstests.

Der Präsident von Daihatsu, Soichiro Okudaira, ist dann natürlich gleich hingestanden vor die Kamera und hat sofort eine öffentliche Entschuldigung abgegeben. Das ist auch wirklich ein anderer Fall. Hier geht's noch mehr um wirklich die Menschensicherheit, aber eben auch darum, dass es relativ klar ist, dass ein Fehlverhalten vorliegt. Die haben auch eine Untersuchung gleich angekündigt, eine unabhängige, was in dem Fall sicherlich auch sinnvoll ist, um die Unregelmäßigkeiten zu klären.

Mittlerweile war er schon dreimal vor der Kamera, vielleicht noch mehr, habe ich nicht jedes einzelne Incident mitbekommen. Die Zertifikate, die sie da hatten, die wurden ihnen auch entzogen, und da muss jetzt erstmal an der Unternehmenskultur und Compliance gearbeitet werden, damit solche Themen nicht wieder vorkommen, um sich diese Zertifikate zurückzuverdienen, bevor wieder produziert werden kann. Also, das wird auch einen großen finanziellen Impact haben, direkt jetzt mal noch unabhängig davon, wie die Kunden das Ganze dann aufnehmen.

Bezüglich des Einflusses solcher Kommunikationsstrategien auf Aktienkurse oder unternehmensrelevante Vorhaben, ja, es gibt einen direkten Zusammenhang mit dem Wert der Firma und mit der langfristigen Überlebenssicherheit. Entschuldigungen werden oft als das gesellschaftliche Schmieröl in Japan betrachtet. Ob jeder, der da so öffentlich hinstehen muss und sich entschuldigt, das ernst meint, ist eine andere Frage. Aber die Tatsache, dass man diese Verantwortung übernimmt und als Person wahrnimmt, hinsteht und sagt: "Ich reflektiere, und wir müssen unsere Hausaufgaben machen, um sicherzustellen, dass so etwas nicht wieder passiert", ist wichtig.

Das ist noch nicht gleich ein Schuldeingeständnis, aber die Entschuldigung ist trotzdem da. Das unterscheidet sich vielleicht vom europäischen Kontext, wo oft die Befürchtung oder das Rechtsteam dahinter steht und sagt: "Besser nicht zu viel entschuldigen, sonst heißt es gleich, man hat was falsch gemacht."

Ein Beispiel dafür ist Schindler Aufzüge in Japan. Nach einem tragischen Unfall, bei dem ein Junge eingeklemmt wurde und verstarb, weigerte sich die Firma, sich zu entschuldigen und sich nicht nach diesem kulturellen Standard zu verhalten. Das Ergebnis war, dass die Marke auf dem japanischen Markt nicht mehr präsent ist. Das langfristige Überlebenspotenzial einer Firma ist sehr wichtig, und wie man sich in solchen Situationen verhält, hat einen großen Einfluss darauf.  Wir haben jetzt ja sehr viel irgendwie auf die Kunden auf die Unternehmensseite geschaut, aber wenn wir jetzt auch mal die Gesellschaft oder die Kundenstruktur so ein bisschen kritisch betrachten, dann kommt mir so in den Sinn: Sind wir in Europa, in westlichen Ländern wie auch Amerika, zu aggressiv? Ist unsere Gesellschaft zu skeptisch? Das heißt, wenn bei uns eine Entschuldigung kommen würde, ich versuche, das so ein bisschen zu übertragen. Würde da nicht unsere Presse gleich draus machen, ist das schon das Schuldeingeständnis? Keine Ahnung, die Lufthansa Group hat jetzt quasi gesagt, sie haben einen Fehler gemacht, bis dann irgendwie die Untersuchung abgeschlossen ist. Also, sind wir als Gesellschaft, oder werden wir als Gesellschaft überhaupt bereit für diese Entschuldigung? Das ist so ein bisschen meine Frage, die so in meinem Kopf entsteht, weil da gehören natürlich immer zwei Parteien dazu. Ja, klar, es spielt natürlich den Kontext. Ich glaube, was wichtig ist, auch hier generell, also in dem Geschäftsumfeld, Japan wird diese Aktion verstanden. Ja, und ich glaube auch nicht, dass, so viel wir auch immer gern von Japan lernen wollen, man kann wahrscheinlich nicht alles eins zu eins übertragen, weil halt eben einfach dieses, die Langfristigkeit der Beziehungen, das, das der gesellschaftlichen Harmonie und des Sich-nichts-zumuten-Wollens, das einfach so tief mit drin ist. Und das haben wir halt in anderen Ländern, generell in der Kultur, einfach anders, ja auch in der gesamten Erziehung anders, wo ja eben dann die Bereitschaft, so eine Entschuldigung zu machen, oder nicht, hat sich da, es ist einfach eine andere Bedeutung. Ja, ja, ich weiß nicht, wie es den Zuhörern geht; bei mir passiert gerade ziemlich viel im Kopf. Ich überlege so ein bisschen, hey, Langfristigkeit, ja, eigentlich ein Thema, was ich so für mich lange nicht mehr durchspielt habe, im Kundenkontakt. Also, was machen wir auch langfristig? Also mir geht's jetzt nicht nur um die Krisen-Entschuldigung, sondern wie sehen wir einfach die Geschäftsbeziehung, und was tun wir für die Geschäftsbeziehung? Also, diese extra Meile, die bekannte, die, die wir gehen. Und bei mir rattert die ganze Zeit: Hey, wie könnte man das, wie könnte man das umsetzen, dass man sich vielleicht indirekt entschuldigt? Also total eigentlich auch ein bisschen bescheuert, oder? Dass ich mir jetzt Gedanken mache: Ich darf keine Entschuldigung vor meinem Kunden aussprechen, aber ich muss irgendwie zeigen: Ja, es tut mir leid. Ja, es tut mir leid, und ich bin dran, es aufzudecken und wiederum zu verbessern. Und das macht was mit mir, das möchte ich damit sagen. Ich weiß nicht, ob es den Zuhörerinnen und Zuhörern auch so geht, aber ich glaube, da versuche ich gerade eine Lösung zu finden. Hättest du ein Tipp? Weil, du sagst ja, glaube ich, wenn ich das so rauslese, du findest es total richtig. Ja, aber wenn du jetzt quasi den Schweizer in dir wieder hervorholst, hast du ein Tipp für unsere Zuhörer, Zuhörerinnen, wie wir das, wie wir daraus lernen können und wie wir es auch umsetzen können, vielleicht? Ja, also ich, was, was mir so ein bisschen durch den Kopf gegangen ist gerade jetzt, als du gesprochen hast, das ganze Thema mit "fail fast", ja? Release, diese ganze Geschichte, die Techwelt, ja, wo wir drin sind, mit Digitalisierung, und seit Jahren immer so, immer schnellere Entwicklungszyklen vor den Kunden bringen, dann gibt's halt ein paar Bugs, die kann man dann on the fly rausholen. Also, das ist dann weniger Entschuldigung, sondern eine Liste von Bugfixes, die in der nächsten Version halt einfach beim Update mit dabei stehen, wo man, wo der Ansatz ist: Okay, wir lernen mit dem Kunden, aber wir sind auch bereit, eine gewisse Unannehmlichkeit auf der Kundenseite einfach gehört dazu, dafür hat er halt schneller neue Features und so weiter. Was sich halt genau mit dem Thema, jetzt, heute die ganze Zeit besprochen, hab vielleicht ein bisschen beißt. Kann man das miteinander verheiraten? Ich glaube, wenn man einmal erlebt hat, wie sich das halt einfach anders anfühlt, ja, diese so behandelt zu werden, so diese Kommunikation so zu erhalten, diese, ja, Serviceorientierung. Ich weiß nicht, ob man das in deinen Geschäftsmodell-Themen, wie man das da etabliert, aber dieser Customer Support, der Value dessen, ist vielleicht sogar mehr als das, was das Produkt an sich anbietet, was der Kunde kauft, weil das einfach noch mal den viel größeren Kontext darstellt, dass man in dieser Kundenbeziehung ist und sich da wohl fühlt. Ja, dieses Wohlfühlen, das ist auf jeden Fall ein Element, was ich persönlich schätze, und was in Japan einfach als Grunderwartung, eine Voraussetzung ist, ist ja, um hier überhaupt bestehen zu können. Also, ich denke, wenn wir, wenn du fragst, was kann man daraus lernen, gut sich vorbereiten, wenn man nach Japan eine Market-Entry machen will, dass man auch bereit ist, in diesen Umgangsformen zu denken und zu handeln. Ja, ja, als Freund hatte ich gerade eine große Schadenfreude, dein Gesicht zu sehen, wie du keine Antwort auf diese Frage hattest, aber man sieht, wir haben Spaß. Und in diesem Sinne würde ich sagen, ein japanisches Tschüss von Gregory, und bis zum nächsten Mal. Mata ne! Das war der Nippon Navigator - Ein europäischer Blick auf Japans Geschäftswelt.


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