Nippon Navigator #3 - Demografie und deren Einfluss auf Technologie, Geschäft und Gesellschaft

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Demografischer Wandel in Japan: Eine Lektion für Europa?

In der neuesten Folge des Nippon Navigator-Podcasts tauchen Gregory Glanzmann, ein Experte für die japanische Kultur und Wirtschaft, und Maximilian Böger, Spezialist für europäische Geschäftsmodelle, tief in die demografische Entwicklung Japans und deren Einfluss auf innovative sowie ungewöhnliche Geschäftsmodelle ein. Ein Thema, das nicht nur in Japan, sondern auch in Europa von wachsender Bedeutung ist.

Japan steht vor einer einzigartigen Herausforderung: einer rapide alternden Gesellschaft, gepaart mit einem kontinuierlichen Bevölkerungsrückgang, der jährlich die Größe einer mittelgroßen Stadt wie Dresden umfasst. Dieser Wandel hat tiefgreifende Auswirkungen auf das alltägliche Leben, die Wirtschaft und die Struktur der Gesellschaft.

Trotz der schrumpfenden Erwerbsbevölkerung hat Japan es geschafft, die Erwerbsquote signifikant zu steigern und gleichzeitig das Bruttoinlandsprodukt zu erhöhen. Eine Schlüsselstrategie dabei war die Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt und die Einführung von Kinderbetreuungsangeboten, was besonders in urbanen Zentren beobachtet werden kann. Zudem bleibt ein großer Teil der Rentner aktiv im Arbeitsleben, was Japan von vielen anderen Ländern unterscheidet.

Ein weiterer spannender Aspekt ist Japans Ansatz zur Lösung des demografischen Dilemmas durch Technologie und Innovation. Beispiele hierfür sind die staatlich geförderte Dating-App "Tokyo Futari Story", die Sicherheit im Online-Dating bieten soll, und die zunehmende Nutzung von IT-Support-Verträgen für Senioren, um die Digitalisierung in allen Altersgruppen voranzutreiben.

Besonders faszinierend sind Japans Fortschritte in der Robotik und KI, die von Haushaltsrobotern bis hin zu Begleitrobotern für Senioren reichen, wie Sonys AIBO, eine Roboterrobbe, die älteren Menschen Gesellschaft leistet. Diese Technologien versprechen, die Lebensqualität zu verbessern und gleichzeitig den Herausforderungen einer alternden Gesellschaft zu begegnen.

Japans Umgang mit dem demografischen Wandel bietet wertvolle Einblicke und Inspirationen für Europa. Die Kombination aus sozialen Reformen, technologischen Innovationen und einer neuen Sichtweise auf Alter und Arbeit könnte auch hierzulande neue Wege eröffnen. Der Nippon Navigator lädt dazu ein, von Japans Erfahrungen zu lernen und die Potenziale einer alternden Gesellschaft neu zu bewerten.

Diese Episode ist ein Muss für alle, die sich für die Schnittstellen von Demografie, Wirtschaft und Technologie interessieren. Japan zeigt, dass auch in einer alternden Gesellschaft Chancen für Wachstum und Innovation liegen.

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Transkript

Willkommen zum Nippon Navigator mit Gregory Glanzmann und Maximilian Böger - ein europäischer Blick auf Japans Geschäftswelt. Das ist der Podcast, in dem Max als europäischer Geschäftsmodell-Experte mit Gregory, als Japan-Experte, in Themen in Japans Geschäftswelt eintaucht. Aus europäischer Perspektive erörtern wir die Besonderheiten und suchen danach, was wir daraus lernen können. Herzlich willkommen zur neuen Folge Nippon Navigator, heute mit dem spannenden Thema: Entwicklung der Demografie in Japan und spannenden, innovativen sowie lustigen Geschäftsmodellen, die daraus resultieren. Ich bin super gespannt, was wir heute von Japan lernen können, weil das Problem - oder die Möglichkeit, die Chance - einer alternden Gesellschaft uns ja auch in Europa beschäftigt. Und Gregory, herzlich willkommen auch dir wieder in unserem Podcast. Ich freue mich sehr auf diese heutige Folge. Wie sieht's in Japan aus?

Danke, Max, vielen Dank. Ja, es freut mich, und genau, auch schön, ein Thema nach dem nach der Episode zum Thema Krisen letzten Monat, diesmal in ein weiteres Thema, was man so oder so anschauen kann, und wie du sagst, mit einer Chancenperspektive. Das Thema der demografischen Entwicklung in Japan, wie, das ist vielleicht auch wieder spannend, wie stark du das in Europa überhaupt wahrnimmst. Wie präsent ist denn das Thema der japanischen Demografie in den Medien in Europa?

Also für mich sehr präsent. Also, was heißt in den Medien, in den Medien wahrscheinlich weniger präsent, allerdings in meinem Kopf sehr präsent, da man ja doch des Öfteren hört und weiß, dass Japan das Land ist mit dem höchsten Durchschnittsalter, der höchsten Lebenserwartung und natürlich dieser alternden Gesellschaft. Und deswegen finde ich super spannend. Ich glaube, den meisten Leuten ist es auch bewusst, und deswegen umso spannender, was wir heute lernen können, weil Japan ja doch die letzten Jahre echt extrem viele Maßnahmen auch gesetzt hat, und ja, auch das, der Erfolg sich zeigt, im in der letzten Folge angesprochenen Bruttoinlandsprodukt, das ja immer noch wächst, trotz sinkender Bevölkerungsanzahl. Ich habe in der Vorbereitung gelesen, Japan, sinkt die Bevölkerungsanzahl in Japan sinkt jedes Jahr in der Größe von Dresden, also so, knapp, na ganz grob gesagt, halben Millionen an Menschen, die leider wegsterben. Wie präsent ist das Thema denn in Japan, Gregory?

Also, das Thema ist allgegenwärtig. Es wird jetzt nicht immer nur darüber geschrieben, aber halt im Alltag merkt man schon, dass ein hohes Durchschnittsalter herrscht. Im Gegensatz zum letzten Jahr war ja eine Bevölkerungsrückgang von 800.000 sogar in Japan zu verzeichnen, also das hat auf jeden Fall einen echten Impact. Und wenn du mich fragst, wie man so spürt, man liest, aber man sieht auch, dass das Thema der Immobilien, die leer stehen, auf jeden Fall zunimmt. Also es ist auch ein guter Zeitpunkt, sich umzuschauen, ob man vielleicht umziehen möchte, denn eben, es gibt viele leerstehende Gebäude, und das tut den ja auch nicht so gut, wenn die lang rumstehen. Das wird halt schrittweise immer sichtbarer. Auch ein weiteres Thema, wo man das sieht, ist das Thema der Umnutzung von Infrastruktur. Also, beispielsweise, natürlich, wir sollten vielleicht auch mal nach in die Zahlen schauen, aber die Gesamtbevölkerung hat einen Überhang an seniorer Bevölkerung, glaube ich, eins der Länder mit, oder vielleicht sogar das Land mit der höchsten Seniorenrate, und eine dünne Struktur bei den jüngeren Menschen und auch eben eine Geburtenrate, die jetzt nicht dazu führt, dass die Bevölkerung wächst. Das heißt, die Schulnachfrage, ganz platt gesagt, sinkt, und es gibt immer mehr Schulen, die dadurch halt eben nicht genügend Zulauf haben und dadurch schließen müssen. Das heißt, diese Schulanlagen suchen nach neuer Nutzung, und da passiert viel gerade derzeit. Da gibt's residentielle Projekte, es gibt kommerzielle Umnutzung, dann auch beispielsweise, mein Office ist auch in einer solchen Schule, da haben wir ein Innovation Office, dann nutzt man das halt für wirtschaftliche Zwecke. Also, das ist auf jeden Fall sichtbar, dass sich die Gesellschaft und die Struktur Gesellschaft ändert. Was macht das, was macht das mit dem alltäglichen Leben? Müssen deine Kinder jetzt irgendwie eine Stunde zur Schule fahren, oder gibt es bei euch noch eine Schule, oder was sind die schlimmsten Fälle, die dir vielleicht bekannt sind, wenn jetzt überall Schulen schließen, oder ist es mittlerweile digital?

Für in ländlicheren Regionen gibt es gab halt viele Schulen, also es ist noch nicht so, dass dann ganze Dörfer ohne Schule auskommen müssen, wobei da gibt's bestimmt auch Beispiele, sondern es werden halt dann Schulen zusammengeschlossen, es gibt so Schulmerger, so tatsächlich, und dann werden halt die Gebiete oder die, wie hieß das auch mal in Deutschland, die Sprengel, der Schulsprengel, ah, der Sprengel, ja, der genau, also das heißt, die Schulen werden zusammengeschlossen und dann werden halt diese Schulsprengel anders geschnitten. Wenn du das Thema der Onlineschule ansprichst, dann ist das, also während Corona, hat man natürlich solche Sachen gemacht, aber das ist jetzt nicht so das große Thema. Ja, du hattest ja die Zahlen angesprochen, und ich habe tatsächlich einige mitgebracht. Von 1990 bis heute, also man kann sagen, knapp 35 Jahre, ist die Bevölkerung in Japan um 1% gestiegen, also kaum. Wir haben natürlich extremes Minus an Erwerbstätigen, von 16%. Das sind 2021 knapp 73 Millionen Erwerbstätige gewesen, aber Japan hat ein kleines Wunder vollbracht, worüber wir ja heute auch reden möchten. Sie haben, obwohl sie eigentlich die Altersrange, 16% Minus haben von Erwerbstätigen, haben sie die Erwerbstätigung um 8% gesteigert über diesen Zeitraum. Riesensprung war in den letzten Jahren, auf knapp 69 Millionen Menschen, und sie haben somit auch das Bruttoinlandsprodukt natürlich gesteigert, neben natürlich anderen Faktoren. Und das ist natürlich super spannend, und wir wollen uns ja heute anschauen, auch wie das den Japanern gelungen ist. Und in meiner Recherche kam der Faktor Nummer 1: Japan gilt als sehr konservatives Land, und Frauen wurden im Endeffekt ja aus der Hausfrauenperspektive herausgeholt in den Beruf. Und wie gelingt das, Gregory? Und wie spürt man das in Japan? Man muss, all diese Themen sind noch nicht auf einem europäischen Level, würde ich sagen, oder zumindest nicht auf einem Level, wie man in, in Deutschland z.B., oder in der Schweiz kennt. Aber Einführen von Kindertagesstätten, also Kinderbetreuung, das überhaupt anzubieten, weil Japan ist ein Land, das kennt eigentlich das Konzept von Babysittern auch nicht. Und genau, also das heißt, Kindertagesstätten, die werden von größeren Unternehmen angeboten. Und all diese Themen, die sind verstärkt in den urbanen Regionen zu beobachten, weniger auf dem Land. Aber genau, dadurch konnte man den Anteil auf jeden Fall erhöhen.

Ja, ja, also quasi, es gibt noch viele Reserven, die in Europa schon gezogen worden sind, wenn ich dir so zuhöre. Ein weiteres Thema, was ja auch in Europa schon diskutiert wird, und auch sicherlich ein Faktor darstellt, wenn man so ein bisschen auf die Zahlen schaut, ist das Arbeiten ohne Rentenalter. Also, extrem viele Rentner arbeiten jetzt auch länger in Japan. Das war ja gar nicht so Gang und Gebe. Stimmt es, es ist ganz witzig, weil, als ich mal als Praktikant in Japan war, vor vielen Jahren, da gab's Mitarbeiter, die dann so demnächst mal irgendwann mal in Rente gehen sollten, so in, in, in 5 bis 10 Jahren, und als ich kürzlich einige von diesen Leuten getroffen habe, die sind jetzt in Rente gegangen. Also, die haben teilweise halt einfach noch mal 5 Jahre oder noch mehr dran gehängt, und das ist jetzt was, was so, ja, vielleicht auch aufzeigt, dass das Rentensystem vielleicht auch nicht genug hergibt. Also, das, auch diese eine hohe Bereitschaft ist, der Menschen, da länger zu arbeiten, ist auf jeden Fall ein Phänomen, was man beobachten kann. Okay, ja, super spannend, und auch da wieder, vielleicht für unsere Zuhörerinnen und Zuhörer, es gibt nur ein Land auf der Welt, wo mehr Rentner also arbeiten. Der ist eigentlich bombastisch, ja, es sind fast 35% in Südkorea, und in Japan sind knapp 25%, im Vergleich dazu 7,4% in Deutschland. Das ist natürlich echt krasser Unterschied und ein riesiges Learning für uns auch, dass da echt was getan wird.

Und Japan hat ja auch was super Spannendes gemacht. Ähm, ich sag mal so, sie haben ja Jobs geschaffen für Geringqualifizierte. Gibt's da Beispiele, die du uns erzählen kannst oder den Zuhörerinnen und Zuhörern, wo man das bei euch sehen kann? Ja, und was diese Jobs sind für gering Qualifizierte? Ja, also das ist jetzt vielleicht ein bisschen weniger neues Phänomen, aber ein sehr starkes. Und das bringt uns vielleicht noch mal zurück zur letzten Folge, wo wir auch über das Thema der Community und Firma als Community gesprochen haben, weil sehr oft gibt es Aufgaben, die jetzt nicht unbedingt sehr gut zahlen, aber eine Anstellung ermöglichen. Also, beispielsweise, Sicherheitskräfte, die jetzt nicht eine echte Verteidigungsaufgabe haben mit einem großen Risiko, sondern halt z.B. an der Front, die Stellung halten, oder z.B. die Nachtschicht einnehmen, dann Aufgaben wie ein Parkplatz-Einweisung oder generell, also wie sagt man das auf Deutsch, generell so das Thema Straßenführung oder Aufpassen an Baustellen, solche Themen, wo man vielleicht sagt, da stehen einfach ganz viele Leute rum und tun nichts, ähm, und sind wahrscheinlich auch ziemlich anstrengende Tätigkeiten. Aber es gibt eine Aufgabe, es gibt die Möglichkeit, dadurch halt am Sozialsystem angeschlossen zu sein, und wie wir das letzte Mal auch besprochen haben, die Firma kümmert sich ja um die Angestellten. Das heißt, da sind dann andere Benefits mit dazu, die wo es nicht nur darum geht, was verdiene ich in der Stunde, sondern Teil von welcher Organisation und von welchen weiteren Benefits bin ich. Da sieht man ja schön auch die Verbindung zum vorherigen Punkt. Jetzt wird die Gesellschaft älter, und wir haben es schon angesprochen in der Intro, natürlich die Geschäftsmodelle, die daraus entstehen, sind da. Sie sind zum Teil sehr spannend, sehr lehrreich für uns in Europa, und zeigt auch so ein bisschen, was uns erwarten wird, selbst den letzten Technologie- und Robotik-Gegner. Aber es gibt natürlich auch sehr lustige Geschichten, die wir uns später anschauen wollen, aber vielleicht machen wir noch mal einen kleinen Schritt zurück und schauen uns die Auswirkungen an, die damit verbunden sind.

Gibt's noch Auswirkungen, die auf die Gesellschaft wirken? Gewisse Dörfer bieten halt eine gute Stange Geld an, ja, wenn du kommst und Kind gebärst und so weiter. Also da wird schon was getan, um das zu fördern, aber es ist noch sehr, ja, sehr unterschiedlich, wie das angegangen wird. Genau, also es gibt ganz viele Maßnahmen. Diese Geschichte mit den Förderungen, wenn du verziehst und so weiter, erinnert mich so ein bisschen auch an die südeuropäischen Länder. In Italien gibt's ja ähnliche Konzepte, wo du ganz günstig Häuser kaufen kannst und auch noch Förderungen bekommst. Das ist natürlich sehr spannend. In Deutschland und auch Österreich kennen wir das eher noch nicht, aber ich bin sehr gespannt, was da in der Zukunft kommen wird.

Dieses Älterwerden der Gesellschaft und Geschäftsideen, Gregory, ich habe Recherche betrieben und ein relativ neues Thema, und ich dachte, ich kann meinen Augen nicht trauen. Also, das gibt's ja nicht, was ich da gerade lese. Ich zitiere das mal hier so ein bisschen, das Tinder von Tokyo, Government. Ich war total, ja, genauer, Tokyo hat Mitte Januar eine eigene Dating-App, also das Ziel im Moment ist es nur eine Website, sie ist erreichbar unter Tokyo Futari Story, wenn ich jetzt mal auf Englisch ausspreche. Ja, es soll eine App werden, und die Begründung ist, immer älter werdende Gesellschaft, immer mehr Digitalisierung natürlich durch Smartphones, aber wenig Sicherheit bei diesen ganzen Dating-Apps, Fake Profile etc., und Tokio hat gesagt: Liebe ist natürlich wichtig, ein zwischenmenschliches Ding, und wir orchestrieren das jetzt. Kannst du uns mehr dazu erzählen? Wie ist es in der Bevölkerung angekommen? Weißt du, wie viele Nutzer es gibt? Ja, keine Ahnung, beantworte uns alles, was du weißt über diesen Case.

Es gibt verschiedene Herangehensweisen. Ja, man kann, man hat ein gewisses Budget, und dann entweder gibt man das halt den Leuten direkt, und der Business Case ist ja eigentlich für den Staat ist ja ein Bruttosozialprodukt, was der der ja zuwächst. Das ist in jedem Fall eigentlich immer eine viel zu geringe Investition, selbst wenn man jetzt einer Familie sagen wir mal, ja, 100.000 € gibt, um jetzt Kinder zu bekommen, wahrscheinlich immer noch ein sehr positiver Business Case. Jetzt, was in so Design Thinking Innovation Labs passiert, ist ja nicht immer unbedingt das ideale, was rauskommt, aber gut, zu dem Thema der Downloads, es ist noch taufrisch, das heißt, wir haben noch keine genauen Zahlen. Man hört, dass es nicht super gut angekommen ist, dass nicht wirklich jetzt ein Mega-Download dahinter war. Die App stellt ja sicher, dass die User geprüft werden, also es gibt so ein Vetting-Prozess, wo auch beispielsweise das Einkommen der User abgefragt wird, teilweise sogar noch ein Interview geführt wird. Also, und das ist ja eine staatliche App. Ja, also man will dadurch sicherstellen, dass man sichere, ja, was ist es denn anderes, ein Date, allerdings halt mit einem anderen Gegenüber. Ja, und zwar das ist halt das, das was glaube ich, was vielleicht die Leute ein bisschen abschreckt, ist dieses die Nähe des Staates zu dieser App, aber wir werden sehen, vielleicht ist es ja ein durchbrechender Erfolg. Ob da also was schlussendlich das Geschäftsmodell ist, wenn man dadurch die Geburtenrate ansteigen lassen kann, ist es vielleicht ein sehr günstiges Vehikel, aber ich schätze die Chancen hier eher mäßig ein. Ja, das glaube ich auch, aber ein super lustiger Case, sehr spannend im Bezug auf alter werdende Gesellschaft. Gibt's ja auch echt krass große, wie sagt man, Branche, die sehr erfolgsversprechend ist, und das ist die sogenannte IT-Support-Landschaft, schafft durch die älter werdende Gesellschaft werden extrem viele it supportverträge mit verkauft in allen möglichen Bereichen. Weil man sagt, hey, Oma und Opa, die brauchen Unterstützung, und das übernimmt jetzt quasi eine Firma für dich. Es werden dahingehend natürlich auch Lösungen und Anwendungen entwickelt, die man im Alter nutzen kann. Man kennt das von Senioren-Telefonen hier, aber in Japan hat das ja noch mal eine ganz andere Dimension. Meine zweite Frage in diesem Kontext ist, wenn du uns dann erstmal berichtet hast, wie das aussieht: In Europa kennt man das ja, dass der Enkelsohn oder die Enkeltochter angerufen wird oder vielleicht auch Tochter und/oder Sohn, und die dann helfen müssen. Ist das wieder ein gesellschaftliches Phänomen, dass der japanische Rentner sich nicht traut, bei der Familie anzufragen, oder woran liegt es, dass diese Branche so erfolgreich ist?

Also, natürlich wird auch hier dem Enkel, der Tochter, dem Schwiegersohn in meinem Fall auch eine Rolle zugesprochen im IT-Support der Familie und der betagten Familienmitglieder. Das ist natürlich hier auch ein Thema, aber ja, Supportverträge, die sind natürlich hier groß, und sei es für ein Smartphone, das verkauft wird, Supportpakete für das Smartphone, für Software für den Computer werden mit Angeboten. Die Affinität, sich an die etablierten neuen Technologien anzuschließen, die ist auch bei den Senioren eigentlich sehr hoch. Also, das Äquivalent von WhatsApp oder Threema oder Signal, Telegram, whatever, was man halt so braucht im Westen, hier gibt's die Line App. Also eigentlich, was würde ich sagen, äquivalent zu WhatsApp, Line, die wird genutzt durch alle Altersschichten hindurch, und da gibt's halt dann auch Support auch für diese Apps, ja, weil das einfach halt so stark genutzt wird und auch eigentlich unabdingbar ist.

Kann ich in diesen Apps, also der Line App, noch mehr machen als nur WhatsApp? Man kennt es ja aus anderen asiatischen Ländern, dass du alles auf diesen Apps machen kannst. Ist es in Japan ähnlich, oder ist Line wirklich das Äquivalent zu WhatsApp?

Es geht vielleicht nicht ganz so weit wie WeChat in China, aber man kann sehr viel machen. Also, man folgt Unternehmen, also es hat auf jeden Fall deutlich auch noch diese Social Media Komponente mit drin, und man kann eigentlich viele Funktionen mit einbauen. Beispielsweise, ich war in einer Stadt kürzlich, die hat eine neue E-Buslösung, also eine Buslösung, gemacht. Also, man kann durch die Stadt fahren und kann on-demand den Bus buchen, sagen, okay, ich möchte jetzt hier zur Bäckerei, und entlang der Strecke kommt der Bus dich dann auch abholen. Und das haben sie einfach auf der Städte-Line-Seite integriert, als zusätzlichen Button. Kannst du aus der App raus den Bus buchen, kommt zu dir, kommt dich abholen, und da, dort, ich habe mit dem Verantwortlichen gesprochen, der sich das ganze Ding ausgedacht hat, und übrigens mit einer staatlichen Förderung jetzt mal zwei Monate lang quasi testet. Da ist der Anteil der Senioren-Nutzung sehr hoch.

Ja, und sie haben zusätzlich, für damit es wirklich quasi borderless angeboten wird, haben sie auch noch eine Telefonnummer mit dran. Man kann auch anrufen, wenn man nicht zurechtkommt mit der App, aber die meisten Buchungen werden tatsächlich über Line gemacht. Ja, es ist echt cool, ne? Also, es ist ja in anderen Ländern auch so, ich meine, WeChat in China, natürlich Wahnsinn, ist natürlich auch ein anderes politisches System. Aber das ist natürlich was, was es in Europa fehlt, eigentlich, also dieser zentrale Punkt. Sehr cool, dass das Beispiel, was du da genannt hast, mit dem Bus, der dich dann abholt. Natürlich auch für eine älter werdende Gesellschaft toll und auch cool, dass es da so viel Support gibt. Wer, wem gehört Line? Ist es ein Privatunternehmen, teilstaatlich, komplett staatlich?

Ursprünglich, glaube ich, kam es aus Naver raus, also Naver ist eine koreanische Firma, die macht eben Line. Ich glaube, mittlerweile ist da so die zwei Hauptbeteiligten sind Naver und Softbank, ist einer der Mobilfunkanbieter, aber auch Investor in allerlei Business in Japan. Die zwei sind da dran beteiligt.

Gibt sonst irgendwas Weiteres, was besonders ist für diese sich zu älter werdende Gesellschaft, das weitere Business-Modelle daraus entstehen, die du so siehst?

Ja, ich glaube, du hast einmal ganz kurz angesprochen das Thema Robotik, und ich glaube, wir sind jetzt ja in dem Eye of the Storm mit KI und Robotik, was sich weiterentwickelt. Und wenn wir aber so ein bisschen zurückdenken und die ersten Lösungen, die so aus Japan rauskamen, klar, es gab da diesen Honda ASIMO Roboter, dann und so, aber der so der große Hit, was auch schon gleich dann als Produkt rauskam, war ja der AIBO von Sony, also eigentlich ein Companion. Und dann kam diese Robbe, die wirklich für Senioren ausgerichtet war, um den Betagten, die alleine sind, quasi einen Companion anzubieten, und die das ganze Thema von so Care-Robotern, die die einfach unterstützen. Ja, es kommt nicht von ungefähr, dass gerade aus dem Robotikland Japan auch solche Lösungen als die Piloten rauskommen, und ich denke, da werden wir auf jeden Fall noch sehr viel mehr sehen in der Richtung. Die Robotiklösung, die da aus dem Westen kommen, die haben da deutlich andere Ansätze. Ja, ich bin immer ein bisschen entsetzt, auch nach Gespräch mit dir oder der Recherche, dass da ich habe letztens auf einer Startup-Veranstaltung einen Teddybären gesehen, der auch so ein Companion darstellen soll für ältere Leute. Man muss dann eigentlich sagen, hey, wir müssen eigentlich nur nach Japan gehen. Da gibt schon so viel, wie du auch gesagt hast, mit der Robbe, was fortschrittlich ist. Und auch letztens habe ich mit jemandem gesprochen und habe so gesagt, ja, auch in Japan wird davon ausgegangen, diese ganze Haushaltsunterstützung und so, in 10 bis 15 Jahren, dass da jeder Haushalt auch ein Roboter hat. Ja, und die Person war total entsetzt, und ich glaube, ja, wie du gesagt hast, "eye of the storm" mit künstlicher Intelligenz, was möglich ist.

Und wir haben eine alter werdende Gesellschaft. Wir werden auch, Japan wird dieses Ding nicht hochhalten können, dass es mehr Erwerbstätige gibt. Irgendwann werden die Erwerbstätigen sinken, und dann geht es ja gerade in der Alterspflege darum, dass viele Sachen übernommen werden von Robotern, hoffentlich, die eben nichts mit Menschlichkeit zu tun haben. Bei dieser Thematik, Menschlichkeit, Care, was ist da so los auf dem Robotermarkt? Gibt es Roboter, die in der Alterspflege schon unterstützen? Altersheime? Wo man streicheln kann und so weiter?

Und Sony hat ja, nachdem sie ja lange Jahre aufgehört hatten mit dem Aibo, haben sie das wieder ins Leben gerufen. Und ich war in Ginza in Tokyo im Sony Store, in der Aibo-Ecke, und jetzt haben sie den, es gab ja auch den jetzt den pinken Aibo. Und da war eine ältere Dame, ich würde sagen, in den in ihren 80ern, und sie war einfach zu Besuch im Shop und hat zu den Verkäuferinnen in der Ecke dort berichtet, wie es ihrem Aibo geht und was ihr Name ist und welche Version sie hat. Es war super, also ich bin dann halt da irgendwie hängengeblieben, haben mir dann die Kameras ein bisschen länger angeguckt, klar, weil es einfach so spannend war. Das war so eine echte Beziehung, die sie zu diesem Hund hat. Und ich meine, mit KI kann man ja noch so viel mehr machen als der Aibo jetzt kann. Also, das hat glaube ich eine echte Zukunft.

Ja, und ich glaube, also ich habe Gänsehaut bekommen, oder manch einer mag mich verrückt erklären, aber weil so schön ist, weil es zeigt, dass es diese Menschlichkeit auch geben kann. Das ist ja schon fast süß, oder? Also, sehr schön, dass du stehengeblieben bist und das jetzt berichten konntest, diese Beziehung zum Aibo. Und ich glaube auf jeden Fall wird das unsere Zukunft gestalten. Wir in Europa haben da ja noch so eine extreme Angst, aber das ist jetzt ein großes Learning, großer Beweis für mich, wahrscheinlich das Highlight dieser Folge, diese Geschichte mit dieser 80-jährigen Dame im Sony Store.

Wir sprechen schon wieder sehr viel, natürlich auch über Technologie, über Geschäftsmodelle. Es ist super spannend, was man glaube ich daraus lernen kann, und ich glaube, Japan ist da eine Inspiration wert, auch wenn man einfach nur ein Store geht und das mitbekommt, was bei uns morgen passieren könnte. Ich glaube, wir sind da noch sehr verkopft in Europa, aber wir sind wieder beim Thema Langfristigkeit auch irgendwo. Wir hatten das in den ersten zwei Folgen, und bei Technologie, wie sieht es da aus? Ich möchte das Thema gar nicht zu groß anschneiden, ich glaube, es lohnt sich eine ganze Folge dazu machen, aber Technologie ist doch eigentlich kurzfristig, oder? Also, wir kennen es ja, aber in Japan hat man manchmal das Gefühl, Technologie bleibt für ewig. Kannst du da mal so ein bisschen schon mal was anteasern, was uns da erwartet?

Technologien haben ja diese Angewohnheit, dass sie eigentlich erst nützlich sind, wenn sie eine gute Durchdringung in der Bevölkerung erreichen, und dann können sie ihren vollen Nutzen entfalten. Und dann sind sie auch bewiesenermaßen zuverlässig. Und wenn eine Technologie zuverlässig ist, dann gibt es einen klaren Shift, dass die Gesellschaft diese nutzt. Ja, und wenn das dann halt einmal entstanden ist, diese hohe Penetration einer Technologie, dann hat die auch eine hohe Beständigkeit. Das heißt nicht, dass andere neue Technologien nicht zugelassen sind oder nicht willkommen sind, aber eine Technologie, die sich mal etabliert hat, die bleibt sehr lange bestehen. Ich finde, ich finde schön, und ich glaube, das, was wir von Japan dahingehend lernen können, ist vielleicht nicht dieser schnelle Release. Wir hatten es in der ersten Folge auch, das Beispiel mit Tesla: also ich bringe erstmal ein Produkt auf dem Markt und dann teste ich quasi an den Personen, und diese wirkliche Beständigkeit – dass die Technologie funktionieren muss, weil wir wollen, dass der Kunde sich in Sicherheit wiegt. Dann aber diese Kombination aus unserer allerersten Folge mit der aufrichtigen Entschuldigung und alles zahlt auf das Ziel einer langfristigen Kundenbindung ein, aber auch, dass eine Gesellschaft das zurückzahlt mit der langfristigen Nutzung. Es ist schon sehr rund und zeigt mir auf, dass das schon besonders ist und man kann sich da echt inspirieren lassen – von Technik bis hin zu strategischen Themen bis zu Menschlichkeit mit der älteren Dame im Aibo-Store.

Gregory, was denkst du, was können wir in diesem Bezug noch erwarten, und worauf müssen wir vielleicht auch aus Europasicht schauen, um noch mehr zu lernen?

Also, ich glaube, dieses Thema jetzt mit dem demografischen Wandel und wo wir jetzt überall rausgekommen sind – wir haben wirklich extrem viele Themen gestreift: von Digitalisierung, Robotik, Förderungen von verschiedensten öffentlichen Akteuren. Da können wir haben ja in Europa durchaus auch die gleiche Situation, den gleichen Weg beschreiten, was die Überalterung angeht. Wo man jetzt Japan, die schon ein paar Jahre weiter sind, quasi mal beobachten kann, was funktioniert, was funktioniert nicht. Also, ich empfehle jetzt nicht die staatlich geförderte Dating-App, aber vielleicht gibt's ja anderes. Und ich glaube, was wir auf jeden Fall sehen – und das war das Aibo-Thema ganz schön – ist, diese Es ist okay, mit Technologien auch spielerisch umzugehen und die auch für den sozialen Aspekt zu nutzen. Das war beim Aibo so. Ich hab es von habe ich ja hier hinten von meiner Sony-Zeit noch den Rolly, den gab's nur ganz kurz, das ist dieses Ei. Und ja, trotz all dieser mein ingenieurgeprägte Firma, ultra groß, aber dieses playful Spirit. Ich weiß nicht, ob du das kennst, das Ding kann tanzen, hat quasi hier so Speaker, und das ich muss es das nächste Mal aufladen, das macht so mit LED-Licht und Fun und ist ein Mega Party-Hit und ist uralt, sieht aber ziemlich modern und neu aus, ist fast schon ein Sammlerstück. Ich glaube, diese Verspieltheit mit Technologien, nicht nur "Ich habe ein Problem, ich muss es lösen", sondern das von dieser sozialen Sicht – was kann das auch gesellschaftlich mitbringen – mal anzuschauen, ich glaube, das ist etwas, was wir auf jeden Fall von Japan lernen können.

Ja, und ich musste sehr schmunzeln, weil du ja gesagt hast, "das ist aus meiner Zeit bei Sony, und das ist uralt". Also, das halte ich jetzt auch noch mal fest für die Zuhörerinnen und Zuhörer, die uns nicht auf Youtube folgen und noch nie Gregory gesehen haben: Er ist uralt. Und in diesem Sinne, glaube ich, ein demografisches und japanisches Tschüss von Gregory. Mata ne!


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